Vom griechischen Gebirgsdorf Monodendri aus wollen wir eine mehrtägige Wanderung durch den nördlichen Pindos unternehmen. Zwischen den Wanderetappen wird in den Dörfern übernachtet. Zelten ist nicht gestattet.
Deshalb erkundigen wir uns in einem der kleinen Hotels zunächst nach den Übernachtungspreisen. Eine Übernachtung kostete überall rund 50 Euro, erfahren wir. Wenn wir die Wanderung machen wollten, könnten wir den Sprinter gegen eine Übernachtung stehen lassen.
Wir sind zögerlich, ob wir uns das leisten möchten und beschließen, zunächst einen Kaffee auf der gemütlichen kleinen Terrasse eines anderen Hotels Trinken zu gehen. Auch dort fragen wir nach dem Übernachtungspreis. Etwas skeptisch betrachtet uns der Hotelbesitzer und nennt ebenfalls einen Preis von 50 Euro. Dann schiebt er leicht verlegen ein „p’r p’rs’n“ nach. Geht’s noch? Gut dass wir noch einmal gefragt haben. Dann hat sich das mit der mehrtägigen Wanderung erledigt, das ist uns eindeutig zu teuer.
Wir bezahlen und gehen nacheinander noch zur Toilette. Ich drücke den Spülknopf, aber er greift ins Leere, und es tut sich überhaupt nichts. So kann ich nicht gehen, der Nachfolger würde im Gesicht bunt anlaufen und in Ohnmacht fallen. Schlau wie ich bin, nehme ich den Spülkastendeckel ab und sehe nach dem Rechten. Hm, sieht ganz anders aus als ich das kenne. Ich drücke und ziehe, wo es mir potenziell sinnvoll erscheint und halte wenig später den Schwimmer in der Hand. Nicht gut! Wer sich mit Toilettenspülungen auskennt weiß, was nun geschieht: Der Spülkasten läuft weiter voll, ohne dass das Wasser abliefe. Ich versuche krampfhaft, den Wasserzulauf zu schließen und gleichzeitig den Schwimmer wieder an seinem angestammten Platz anzubringen. Nach ein paar Versuchen gelingt mir das auch mehr oder weniger, aber richtig festsitzen tut er nicht. Als ich ihn loslasse, sackt er dann auch zu stark zur Seite, und der Spülkasten läuft weiter voll. Mit einer akrobatischen Höchstleistung gelingt es mir aber, den Toilettendeckel zu greifen und wieder aufzusetzen und damit gleichzeitig den Schwimmer in einer Position einzuklemmen, so dass der Kasten nicht weiter volläuft. Geschafft, aber gespült habe ich davon natürlich noch nicht. Ich funktioniere den nebenstehenden Mülleimer kurzer Hand um, fülle ihn am Waschbecken mit Wasser und spüle dann damit. Nachdem ich den Vorgang noch zweimal wiederholt habe, wasche ich mir schnell die Hände und suche das Weite, denn mir ist klar, dass der nur lose aufgesetzte Schwimmer sich jeden Moment wieder ablösen und eine erstklassige Überschwemmung anrichten kann. Das aber doch bitte erst, wenn wir außer Sichtweite des Hotelbesitzers sind!
So einfach unverrichteter Dinge wieder abziehen wollen wir allerdings nicht und beschließen, vom nächsten Ort aus auf den Wanderweg zu stoßen, ihn ein Stück zu gehen und am selben Tag wieder zurück zu laufen. Der nächste Ort stellt sich jedoch als reiner Aussichtspunkt über die grandiose Vikosschlucht heraus. Mit rund 1.000 Metern ist sie die tiefste Schlucht der Erde.
Bei dem imposanten Ausblick in die schier unendliche Tiefe bekommen wir tatsächlich etwas wackelige Beine. Von dort auf den Wanderweg stoßen, können wir allerdings nicht. Da der Weg unten durch die Schlucht verläuft und wir keinen Fallschirm dabei, müssen wir wohl oder übel umkehren. Also fahren wir zurück nach Monodendri und gehen es von dort aus noch einmal an. Mit detektivischem Spürsinn gelingt es uns, hinter vielen engen und verschlungenen Gässchen den zentralen Dorfplatz und damit den offiziellen Startpunkt der Wanderung auszumachen, doch schon nach weiteren 200 Metern findet unser Unternehmen ein weiteres jähes Ende, als wir auf eine Absperrung stoßen. Die komplette Wanderung ist gesperrt! Und die schlitzohrigen Griechen hätten uns stillschweigend glatt ein Zimmer angedreht…
Zumindest aber ist ein weiterer, wunderbarer Aussichtspunkt auf die Schlucht ausgeschildert, den wir nach einigen hundert Metern erreichen. Hier verbringen wir den ganzen Nachmittag und vergessen bald unseren Frust, was angesichts dieser atemberaubenden Aussicht wohl auch kein Wunder ist: