Wenn man durch den Tsavo durch ist, ist Mombasa nicht mehr weit. Wir sind gespannt auf die kenianische Großstadt an der Küste, werden aber enttäuscht. Außer durch chaotischen Verkehr scheint sie sich auf den ersten Blick durch nichts auszuzeichnen. Deshalb riskieren wir auch keinen zweiten Blick und fahren gleich weiter nach Tiwi Beach, Mombasas Wochenendausflugsstrand rund 30 Kilometer südlich der Stadt.
Ja, und was soll man sagen? Tiwi Beach kommt dem Paradies verdammt nahe. Vor uns breitet sich eine südseeähnliche Idylle aus: strahlender Sonnenschein, erhabene Kokospalmen, weißer Sandstrand und türkisfarbenes, klares Wasser. Bei Ebbe bilden sich Pools, deren Wasser sich in der Sonne auf beinahe Körpertemperatur aufheizt und zum stundenlangen Bad einlädt. Dazu gibt es jeden Tag frischen Fisch und frisches Obst. Was will man mehr?
Na ja, vielleicht nicht andauernd angesprochen werden, ob man Schnitzereien oder Kokosnüsse oder kaufen will. Die Strände sind leer, und die Touristen bleiben wegen der instabilen politischen Lage Kenias zu Hause oder buchen um. Nach nunmehr zwei Monaten ohne Touristen gehen die Strandhändler hier langsam auf dem Zahnfleisch. Wie die meisten Afrikaner kennen sie keine Vorsorge für schlechte Zeiten. Wenn sie Geld haben, geben sie es aus. Schon in guten Zeiten fällt es ihnen schwer zu glauben, dass der Tourist nicht die fünfte Kokosnuss des Tages kaufen und auch nicht das x-te Mal seinen Namen auf einen Schlüsselanhänger geschnitzt haben möchte. Ein typischer Strandtag sieht ungefähr so aus:
Man geht morgens am Strand spazieren, unterhält sich angeregt und wird jäh unterbrochen:
„Hello my friend, how are you?“
„Fine. How are you?“
„What a nice day! Where are you from?“
„Germany.“
„Ah, aus Deutschland! Willkommen! Germans are nice people! First time in Kenia?“
„Yes.“
„Where do you stay?“
„Sorry, but we won’t tell you.“
„When you come back, please have a look at my shop!“
„What kind of shop do you have?“
„I sell nice carvings.“
„Maybe later.“
Einige identische Gespräche später ändert sich der Gesprächsverlauf um die Mittagszeit herum dann ungefähr wie folgt:
„Hello my friend, how are you?“
„You are not really interested in this.“
„What a nice day! Where are you from?“
„From The Netherlands.“
„First time in Kenia?“
„Maybe.“
„Where do you stay?“
„Somewhere.“
„When you come back, please have a look at my shop!“
„Let’s guess: You sell carvings?“
„How do you know?“
„Because everybody here sells carvings.“
Und wiederum einige identische Gespräche später gegen Abend ändert sich der Gesprächsverlauf erneut:
„Hello my friend, how are you?“
„Could be better.“
„What a nice day! Where are you from?“
„From Mars.“
„First time in Kenia?“
„No.“
„Where do you stay?“
„That’s not your business.“
„When you come back, please have a look at my shop!“
„No.“
„Why?“
„Because we don’t like carvings.“
So lustig das gerade geklungen hat: Manche der Strandverkäufer sind nicht nur nervig. Einer aus einer Gruppe von drei jungen Männern, die gemeinsam am Strand hocken, bietet uns beim Spazieren Kokosnüsse an. Wir sagen ihm, dass wir im Moment keinen Bedarf haben, aber vielleicht auf dem Rückweg welche kaufen werden. Das tun wir dann auch, allerdings unwissentlich bei einem seiner beiden Kumpel. Es saßen aber immer noch alle drei gemeinsam am Strand. Dann kommt derjenige vom ersten Mal angelaufen und beschwert sich, dass wir die Kokosnüsse bei ihm kaufen wollten. Dabei wird er ziemlich aufbrausend. Ob nun aus mangelnder Kollegialität untereinander oder purer Dreistigkeit uns gegenüber: Wir haben das Gefühl, es ist nur eine Frage der Zeit, bis etwas passiert. Deshalb ziehen wir es vor, das vermeintliche Paradies nach nur wenigen Tagen wieder zu verlassen. Wirklich schade.
Bevor wir Tiwi Beach den Rücken kehren, wollen wir allerdings erst noch die beiden liebenswürdigen und immer lustigen Tessiner Antonietta und Marco erwähnen, mit denen wir uns das wunderschöne Camp geteilt haben. Sie reisen seit sage und schreibe neun Jahren in ihrem 33 Jahre alten VW-Bus durch die Welt und sind ab sofort unsere neuen Vorbilder!