Ein Stück hinter Troja haben wir am Strand übernachtet und am frühen Morgen eine weitere antike Ruinenstadt besichtigt. Auf dem kleinen Parkplatz sind wir die Einzigen, nutzen die Ruhe für ein Frühstück und sortieren die neuesten Fotos.
Währenddessen fährt ein Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen auf den Parkplatz – das erste, das wir seit langer Zeit gesehen haben. Ein Ehepaar mittleren Alters steigt aus und geht die Ruinen besichtigen. Kurz darauf kommt der Mann an unseren Sprinter und verwickelt uns in ein Gespräch. Er fragt uns, ob wir wüssten, was für ein Baum das nebendran sei und klärt sogleich auf, dass es sich um eine Besonderheit der hiesigen Gegend, eine trojanische Eiche handele. Er wisse das, weil er viele Jahre lang Biologielehrer war – ein altes Leiden, alles bestimmen zu müssen.
Schön, denken wir, und unterhalten uns mit ihm und seiner inzwischen hinzugekommenen Frau über dieses und jenes. Mitten im Gespräch drückt er mir unvermittelt eine Bücherliste des WOMO-Verlags in die Hand mit dem Kommentar, hier gebe es mal etwas Anständiges zu lesen. Vor unserer Reise noch sagte uns der Verlag überhaupt nichts. Erst durch andere Womobilisten hatten wir nach und nach erfahren, dass die Wohnmobilreiseführer des Verlags als die besten Stellplatzführer für Europa gelten. Schön denke ich und erkläre knapp, dass wir so ein Ding bisher auch nicht gebraucht und trotzdem fast immer einen schönen Platz gefunden haben, und stecke die Liste weg.
Da kommt ein zweites Wohnmobil auf den Parkplatz gefahren. Ein deutsch-türkisch-italienisches Paar steigt aus und gesellt sich zu uns. Sie haben den Türkeiführer des WOMO-Verlags in der Hand und begrüßen die anderen beiden, die gerade im Gehen begriffen sind. Dabei fällt der Name Schulz, und ständig ist vom WOMO-Verlag die Rede. Schließlich stellt sich heraus, dass sie die Gründer des WOMO-Verlags sind – so klein kann die Welt sein!
Wir unterhalten uns noch eine Weile, bis wir uns dann einer nach dem anderen verabschieden und auf zu den nächsten Sehenswürdigkeiten machen. Da wir die gleiche Route haben, treffen wir uns nach und nach alle wieder und fahren bis mittags ein Stück in Kolonne. Als es Zeit zum Mittagessen ist, beschließen wir, gemeinsam zu essen und machen uns auf den Weg in ein kleines Hafenstädtchen. Dort essen wir fürstlich und erfahren unter anderem einige interessante Dinge über das Verleger- und Autorendasein.
Schließlich trennen sich unsere Wege dann wieder und wir fahren weiter auf unserer Route, während sich die anderen eine weitere antike Ruinenstadt ansehen. Abends finden wir rechtzeitig zum Sonnenuntergang wieder ein schönes Plätzchen am Strand. Wir haben uns gerade in den Sand gesetzt und die ersten Schlücke aus der Bierdose genommen, da hören wir eine bekannte Stimme hinter uns – es ist die von Reinhard Schulz, und er hat seine Frau Waltraud und das deutsch/türkisch-italienische Paar mit den wohlklingenden Namen Perin, was übersetzt „Deine Fee“ heißt, und Mario im Schlepptau. Wieder einmal haben wir zufällig einen Stellplatz gefunden, der in den WOMO-Reiseführern beschrieben ist.
Gemeinsam verbringen wir einen unvergesslichen Abend. Perin ist Ärztin der Homöopathie, liebt ihren Beruf und singt leidenschaftlich türkische Lieder und Mantren. Sie hat eine wunderschöne, weiche Stimme. Mario ist ebenfalls Musiker und komponiert seine eigenen Stücke. Die beiden geben uns ein herzergreifendes Konzert, und wir sind voll und ganz gerührt. Diesen Abend werden wir nie vergessen!
Am nächsten Morgen heißt es wieder einmal Abschied nehmen. Doch werden uns die Vier nicht gehen lassen, ohne uns etwas mit auf den Weg zu geben. Reinhard und Waltraud schenken uns eine signierte Ausgabe des WOMO-Reiseführers Türkei, verbunden mit der Einladung, dass wir bei ihnen zu Hause jederzeit herzlich willkommen sind und den hauseigenen, bestens ausgestatteten Wohnmobilstellplatz nutzen dürfen. Von Mario und Perin bekommen wir jeweils eine signierte CD überreicht mit den besten Wünschen für unsere Reise. Wir sind zutiefst gerührt und machen uns schweren Herzens wieder auf den Weg.