Wir haben von der N2 einen Abstecher in die Drakensberge im Landesinneren am Rande Lesothos gemacht. Geologisch betrachtet ist Südafrika ein Binnenhochland, das in Süden, Westen und Osten von Randschwellengebirgen begrenzt ist. Zum östlichen Rand gehören die Drakensberge, die höchste Gebirgskette Südafrikas mit einer Höhe von bis zu knapp 3.500 Metern. Ein Teil der Drakensberge wurde zum Nationalpark und im Jahr 2000 von der UNESCO zum Welterbe erklärt.
Südafrika liegt ähnlich weit vom Äquator entfernt wie Europa, die meteorologischen Jahreszeiten sind daher ähnlich ausgeprägt, aber entgegengesetzt. Während in Europa der Frühling herrscht, ist hier der Herbst eingezogen, und in den vergangenen Tagen hat es viel geregnet. Was in den niedrig gelegenen Küstenregionen als Regen herunter gekommen ist, hat in den höheren Lagen der Drakensberge eine erste, dünne Schneeschicht hinterlassen. Dazu scheint die Sonne, die Drakensberge und ihr landwirtschaftlich geprägtes Umland zeigen sich von ihrer schönsten Seite.
Fünf Tage verbringen wir in den Drakensbergen und übernachten auf einer Farm. Das noch recht junge Paar hat sie frisch übernommen, und wir sind ihre ersten Gäste. Den Platz für unseren Sprinter dürfen wir uns aussuchen. Vor dem Haus ist eine große Rasenfläche, die an einen kleinen See angrenzt. In großem Bogen kurve ich am Ufer vorbei über den Rasen, bis sich plötzlich nichts mehr bewegt. Peinlich, der Sprinter steckt tief im durchfeuchteten Boden einer flachen Senke. Wo eben noch gepflegter Rasen war, ist nun eine meterlange Spur der Verwüstung, und sie endet genau dort, wo unser Sprinter steht. Doch unsere Gastgeber nehmen es gelassen. Sie rufen einen benachbarten Farmer, der den Sprinter mit seinem Traktor aus der misslichen Lage befreit.
Mit zur Familie gehören zwei Jack Russell Terrier, der eine schon etwas betagt und behäbig, aber eine echte Seele, der andere ein Energiebündel, wie die Welt es noch nicht gesehen hat. Das liebste Spielzeug von Jack, dem Energiebündel ist ein Tennisball, dem er wie ein geölter Blitz hinterher jagt, wenn man ihn wirft oder noch besser kickt. Das macht er stundenlang, ohne müde zu werden. Und wenn der Mensch dann nicht mehr kann, setzt er sich mit dem Ball vor ihn hin und wartet. Hin und wieder rollt er den Ball dann mit der Schnauze ein Stück näher, um seiner Motivation Ausdruck zu verleihen. Wer kann da noch widerstehen?
Ganz so heil ist die Welt dann allerdings doch nicht, denn ein menschliches Familienmitglied kann nicht bei uns sein. Unsere Gastgeber haben einen Sohn, der nun in Australien lebt, nachdem er nach seiner Ausbildung in Südafrika keinen Arbeitsplatz finden konnte. So ergeht es immer mehr weißen Südafrikanern seit der Abschaffung der Apartheit und aufgrund diverser Bemühungen zur Gleichstellung der schwarzen Bevölkerung – zuletzt durch den Black Economic Empowerment Act (BBE) von 2003. Das soll für uns selbst später noch zum Problem werden, als wir versuchen, in Kapstadt Jobs zu finden.
Aber noch einmal zurück zu den Drakensbergen, denn sie sind bekannt für die klare Luft abseits dichter Besiedlung, die Vielfalt ihrer Gebirgsformationen, die zahlreichen Wasserfälle, die Vogelwelt und die vielen Wildblumenarten. Obwohl es Herbst und das Grasland schon braun ist, finden wir eine beeindruckende Pflanzenvielfalt vor, darunter verschiedene Distel- und Proteenarten. Die Königsprotea, deren Blüte einen Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern erreichen kann, ist Südafrikas Nationalblume, ihre Farbenpracht einzigartig in der Pflanzenwelt.